Verschiedene Anbieter von Anlagegold propagieren den Kauf von kleinsten Goldbarren oder Goldmünzen für “den Krisenfall”. Dabei handelt es sich meist um eine Masche, die allein dazu dient, leichtgläubige Kleinanleger zu übervorteilen.
Viele Anleger betrachten Gold als einen Realwert, der im Unterschied zu Wertpapieren, Guthaben in Euro oder Fremdwährungen sowie anderen Finanzprodukten nie vollständig seinen Wert verlieren wird. Im vergangenen Jahrzehnt ist der Goldpreis fast kontinuierlich gestiegen. Gerade in Krisenzeiten, zum Beispiel nach dem Platzen der New-Economy-Blase zu Anfang des Jahrtausends oder auch nach Ausbruch der Finanzkrise in den Jahren 2007/2008, ist der Goldpreis im Unterschied zu den Preisen vieler Finanzprodukte nicht gefallen, sondern angestiegen.
Aufgrund dieses häufig antizyklischen Verhaltens des Goldpreises und seiner oftmaligen Stärke in Perioden großer Unsicherheit wird Gold nicht umsonst von vielen Anlegern als sicherer Hafen und eine Anlage in Gold als Versicherung gegen Vermögensverluste angesehen.
Einige selbsternannte Experten – meist Weltuntergangspropheten, Verschwörungstheoretiker oder gar Betrüger – behaupten, dass in einem wirklichen Krisenfalle nur kleinste Einheiten an Gold sinnvoll wären. Sie argumentieren folgendermaßen: Die heutigen so genannten “Papierwährungen” wie Euro und US-Dollar würden aufgrund der Überschuldung der öffentlichen und privaten Haushalte in nächster Zukunft massiv an Wert verlieren. Damit sei eine hohe Inflation oder sogar Hyperinflation, und wahrscheinlich in der Folge eine Währungsreform unumgänglich. In diesen Fällen würde der Preis von Gold massiv in die Höhe schnellen – laut einigen “Experten” auf bis zu 90.000 US-Dollar pro Unze und mehr. Eine Goldmünze mit einem Gewicht von einer Unze wäre dann als Zahlungsmittel im täglichen Leben ungeeignet, man könnte damit ja keine Lebensmittel kaufen, sondern allenfalls einen ganzen Supermarkt.
Aus unserer Sicht ist diese Argumentation stark überzogen und nicht stichhaltig.
Überzogen ist sie, weil heute niemand sicher voraussagen kann, ob es in der vorhersehbaren Zukunft sehr hohe Inflationsraten oder sogar einen Währungszusammenbruch geben wird. Es ist zwar richtig, dass die Staatsschulden im Zuge der Finanzkrise stark angewachsen sind. Die Verschuldung von Japan liegt jedoch über der Verschuldung der europäischen Länder und der USA – und das schon seit Jahren. Und trotzdem hat Japan in den letzten Jahren nicht mit Inflation, sondern mit Deflation zu kämpfen gehabt. Das ist einer der Gründe dafür, dass die amerikanische Federal Reserve Geld in den Markt pumpt und diesen so mit Liquidität versorgt: Ziel ist es, Deflation zu verhindern. Ob die Verschuldung wirklich in einem Zusammenbruch der Währungssysteme münden wird, ist reine Spekulation. Sicher kann dies niemand wissen.
Interessanterweise hat sich der Goldpreis nicht nur in Phasen der Inflation, sondern auch in Phasen der Deflation oft positiv entwickelt.
Nicht stichhaltig sind in unseren Augen die Argumente für kleinste Goldbarren und Goldmünzen, weil es im Falle einer massiven Krise voraussichtlich viele Intermediäre oder Zwischenhändler geben würde, die große Goldbarren und Goldmünzen in kleinere Stücke umtauschen würden. Dafür würden eventuell Gebühren/ Aufpreise anfallen – aber diese wären wahrscheinlich deutlich geringer als die Aufpreise, die Anbieter von kleinsten Goldeinheiten heute von den Anlegern verlangen. Und im äußersten Notfall könnte ein Anleger einen größeren Barren auch selbst in kleinere Stücke zerteilen. Der Wert der dabei gewonnenen Stücke würde dann in etwa dem Wert des jeweils enthaltenen Goldes entsprechen, ohne dass der Anleger eine hohe Provision entrichten müsste.
Wie schon angedeutet: Die Aufpreise, die Anbieter von kleinsten Goldbarren und Goldstücken von Käufern verlangen, sind enorm. Auch bei seriösen Anbietern wird bei einem 1-Gramm-Barren schnell ein 30%iger Aufschlag gegenüber dem Materialwert des enthaltenen Goldes fällig. Bei großen Standardbarren, die im professionellen Handel zwischen Banken und anderen Akteuren üblich sind, liegt der Aufpreis dagegen meist bei unter einem Prozent.
Inzwischen gibt es sogar Anbieter von 0,5-Gramm-Barren. Käufer solcher Barren zahlen einen riesigen Aufschlag auf den reinen Goldwert des Barrens. Selbst wenn der Goldpreis so massiv steigen sollte, wie von einigen prophezeit, hätte der Anleger in diesem Fall einen großen Teil seines Geldes vorher an den Edelmetallhändler abgegeben und hielte nun entsprechend weniger für seine Krisenvorsorge in den Händen.
Einzelne Anbieter werben damit, dass es sich bei Ihren Mini-Barren um international akzeptiertes Währungsgold handele, das in fast allen Ländern der Erde gültiges Zahlungsmittel sei. Diese Behauptung ist falsch: ½-Gramm-Barren werden von den renommierten Edelmetallgesellschaften meist gar nicht produziert oder angeboten. Zahlungsmittel in einzelnen Ländern sind nur bestimmte Goldmünzen, die einen offiziellen Nennwert haben und unter einer offiziellen Lizenz produziert werden. Es gibt keine international als offizielles Zahlungsmittel akzeptierten Goldmünzen und erst recht keine entsprechenden Goldbarren.
Der Grund für einzelne schwarze Schafe, Mini-Goldbarren zu propagieren und zu verkaufen, liegt vielmehr darin, unverhältnismäßig hohe Gebühren von privaten Anlegern kassieren zu können. Die Masche mit der Angst funktioniert leider im Finanzbereich sehr gut. Aufgrund der geringen Regulierung von physischem Gold durch den Gesetzgeber gibt es wenige bis keine Vorgaben für Anbieter und deren Produkte, die das verhindern würden.
Mehr hierzu in unserem Beitrag “Abzocke” mit Goldanlagen.
Trotz der hier aufgeführten Kritik an unseriösen “Experten” gibt es verschiedene Argumente für die Geldanlage in Gold. Auch wenn das Szenario einer Währungskrise nur eine geringe Wahrscheinlichkeit hat, ganz auszuschließen ist es nicht. Und auch ohne Währungskrise kann eine Goldanlage ein sinnvolles Investment sein und dabei helfen, das eigene Portfolio zu diversifizieren und damit gegen hohe Verluste abzusichern.
Aus steuerlicher Sicht ist für längerfristig orientierte Anleger in Deutschland die physische Goldanlage den anderen Formen der Goldanlage (beispielsweise der Anlage in mit Gold besicherte Wertpapiere) meist überlegen: Nach einer Haltedauer von einem Jahr realisierte Gewinne sind komplett steuerfrei (mehr hierzu unter Besteuerung der Goldanlage). Eine Abgeltungssteuer greift hier nicht.
Für den rationalen Anleger spielen die mit der Anlage verbundenen Kosten eine wichtige Rolle: Kleinste Barren oder Münzen scheiden daher als Vermögensanlage von vorneherein aus. Aber auch die Sicherheit der Anlage ist von großer Bedeutung. Damit fällt aus unserer Sicht eine private Lagerung für die meisten Anleger auch aus. Zu hoch wäre das Risiko von Diebstahl oder Raub – insbesondere in dem Fall, dass es tatsächlich zu einer größeren Krise kommt.
Was bleibt also als Alternative? Unserer Meinung nach sollte eine Anlage in Tresorgold erwogen werden. Tresorgold ist physisches Gold, das sich zu 100% im Eigentum des Anlegers befindet, aber zentral sicher verwahrt wird, beispielsweise durch eine Bank. Tresorgold wurde in der Vergangenheit nur von Privatbanken ihren sehr vermögenden Kunden angeboten. Bei Tresorgold erwerben Anleger meist Teile an großen Standardbarren, die sich sehr günstig beziehen lassen. Kauf und Verkauf sind oft standardisiert und zeitnah möglich, bei einigen Anbietern sogar rund um die Uhr. Gegen Gebühr liefern die meisten Anbieter auch das Gold in Form kleinerer Barren/ Münzen aus. Tresorgold unterliegt nicht der Abgeltungssteuer, nach einer Haltedauer von einem Jahr realisierte Gewinne sind damit steuerfrei.
Inzwischen gibt es auch Banken und andere Anbieter, die Kleinanlegern Tresorgold zugänglich machen. Auf unserer Vergleichsseite zu Tresorgold finden Sie einen Überblick über Anbieter in Deutschland.
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